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Stephan Eisel
Wie Trump die Demokratie herausfordert
Den Ausgang der amerikanischen Präsidentschaftswahlen muss als Demokrat auch akzeptieren, wer das Ergebnis entsetzlich findet: Donald Trump wird der 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Vor ihm ist es nur Grover Cleveland gelungen, der nach einer Unterbrechung erneut ins Weiße Haus einzuziehen (1885 und 1893).
Es ist Lebenselixier der Demokratie, dass die Menschen in regelmäßig über unterschiedliche politische Programme abstimmen können, über die in wechselseitigem Respekt inhaltlich gestritten wird. Wahlen entscheiden darüber, wer das Recht zur Umsetzung seines Programms erhält, verlangen von der Minderheit aber nicht, dass sie Weg der Mehrheit für richtig hält. Das grundlegende Problem der Wahl Trumps liegt darin, dass sein Politikansatz weit über diesen Streit um Inhalte hinausgeht. Trumps Wahlsieg ist gefährlich, weil sein Politikverständnis denen, die anderer Meinung sind, generell die Legitimität abspricht und so Grundlagen der freiheitlichen Demokratie in Frage stellt.
1) Diskreditierung demokratischer Institutionen
Mit einem Wahlkampf gegen das „Establishment in Washington“ und für einen grundlegenden Wandel sind fast alle amerikanischen Präsidenten der letzten Jahrzehnte ins Amt gekommen – von John F. Kennedy über Ronald Reagan bis zu Bill Clinton und Barack Obama. Trumps Ansatz geht aber weit über das Angebot eines politischen Neuanfangs hinaus. Er will nicht den Wechsel im demokratischen System, sondern stellt dieses selbst in Frage: Dieses demokratische System sei durchweg korrupt und manipuliert („rigged“) und Wahlen seien gefälscht, wenn er keine Mehrheit erhalte. Dabei schreckt er selbst nicht vor Wahlfälschungen zurück. 2020 forderte er z. B. den Wahlleiter in Georgia auf, genügend Stimmen „zu finden“, damit er die Wahlen gewinne. Wenig später verlangte er von seinem Vizepräsidenten Pence, die amtliche Bestätigung des Wahlergebnisses zu verweigern und rief am 6. Januar 2021 zum Sturm auf das amerikanische Parlament auf als dieser sich weigerte. Bis heute verweigert Trump die Anerkennung seiner Wahlniederlage 2020. Damit delegitimiert Trump bewusst demokratische Regeln und Institutionen und stellt sich selbst außerhalb jeder demokratischen Kontrolle.
2) Gesellschaftliche Polarisierung
Trump hat kühl kalkulierend von Anfang an gezielt einzelne Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt. Zunächst ging es ihm damit darum, sich die weiße männliche Bevölkerung insbesondere aus dem Arbeitermilieu und der Landbevölkerung als Machtbasis zu sichern. Diese identifizierte sich umso stärker mit ihm je eindeutiger er Minderheiten attackierte. Dabei scheute Trump auch vor offenem Rassismus nicht zurück. 2024 verbreiterte seine Basis, indem mit demonstrativem Männlichkeitskult junge farbige Männer ansprach. Dazu gehörten auch regelmäßige sexistische Ausfälle. Während demokratische Wahlkampagnen üblicherweise möglichst viele unterschiedliche Bevölkerungsgruppen ansprechen, hat Trump eine immer tiefer gehende gesellschaftliche Spaltung zum Prinzip seiner politischen Strategie gemacht. Das fügt der politischen Kultur in den USA schweren Schaden zu.
3) Politischer Fanatismus
Trump ermutigt ausdrücklich immer wieder politischen Fanatismus. Bei seinen Kundgebungen heizt er die Stimmung bewusst an. Immer wieder flirtet er mit Rechtsextremisten, Neo-Nazis und Rassisten. Tatsachen, die ihm nicht gefallen, bezeichnet er generell als „fake news“. Medien, die ihm nicht zustimmen, werden von Trump generell als „Lügenpresse“ diffamiert. Dem politischen Dialog entzieht er sich selbst durch eine Endlosschleife ständiger Lügen. So behaupteten Trump und sein Vize Vance immer wieder, in Ohio würden haitianische Einwanderer Hunde und Katzen ihrer amerikanischen Nachbarn essen. Das war frei erfunden. Vance rechtfertigte es mit den Worten: „Wenn ich Geschichten erfinden muss, damit die amerikanischen Medien dem Leiden des amerikanischen Volkes tatsächlich Aufmerksamkeit schenken, dann werde ich das tun.“ Mit kühl kalkulierter Skrupellosigkeit fördert Trump die verbohrte Dialogunfähigkeit seiner Anhänger. Er schottet die Echokammern der sich ständig selbst bestätigenden eigenen Meinung, in der sich seine Anhänger einigeln, immer schalldichter ab. Seine Anhänger sollen sich nicht der „Gefahr“ anderer Sichtweisen aussetzen. Das ist der Nährboden für eine sich ständig verstärkende Radikalisierung. Der für die Demokratie so essentielle wechselseitige Respekt („agree to disagree“) wird von Trump schwer beschädigt.
4) Verrohung der Sitten
Trumps öffentliche Auftritte waren schon vor seinen Kandidaturen eine ständige Aneinanderreihung von gezielten politischen Tabubrüchen, kalkulierten persönlichen Herabsetzungen und bewusst verbreiteten Unwahrheiten. So behauptet er jahrlange immer wieder, Obama sei nicht in den USA geboren und dürfe deshalb nicht Präsident werden. Auf der politischen Bühne ist die Beleidigung seiner Konkurrenten durch ständig neue Schimpfnamen ein roter Faden. Es ist ihm kein Mittel zu schmutzig um aufzufallen. Leider lassen sich viele Medien von Twitter bis zu Fernsehanstalten dafür seit Jahren bereitwillig einspannen, denn die Gier des Publikums nach immer neuen Grenzüberschreitungen garantierten hohe Einschaltquoten. Trump braucht keine Werbespots, er ist mit seinen Ausfällen Bestandteil des regulären Programms. Weil ihm das nicht ausreicht, hat er eine eigene Medienwelt aufgebaut, die seine Ausfälle rund um die Uhr verbreitet. Die gesellschaftlichen Wirkungen dieser zelebrierten Verrohung sind unübersehbar. Hass ist in der politischen Auseinandersetzung in den USA zum Regelfall geworden. So wird der politische Dialog selbst im Familien- und Freundeskreis systematisch erstickt.
5) Skrupelloser Egoismus und Abschottung als Politikprinzip
Trump wirbt weit über den traditionellen amerikanischen Hang zum Isolationismus hinaus offensiv für einen amerikanischen Nationalismus in bewusster Konfrontation zu Verbündeten und Partnern. Die von ihm initiierte MAGA-Bewegung („Make America great again“) gründet nicht auf einer verständlichen Wahrnahme eigener nationaler Interessen. Es geht nach innen und außen um die Delegitimierung jedes Kompromisses zugunsten bedingungsloser Gefolgstreue. Ob die Mauer an der Grenze zu Mexiko, die Aufkündigung internationaler Handelsverträge und Klimaschutzabkommen, die Relativierung der Beistandspflicht in der NATO oder die Abkehr von der Hilfe für die Ukraine – Grundton von Trumps Außenpolitik ist der eigene Narzismus. Damit verbunden ist die Bewunderung und Verbundenheit Trumps mit denen, die ebenfalls rücksichtslosen Egoismus als Lebens- und Politikprinzip pflegen – Diktatoren wie Putin. Egoisten sind Kompromisse in ihrem Wesenskern fremd, weil diese dem Anderen das grundsätzliche Recht auf einen eigenen Standpunkt zubilligen. Kompromisse sind aber Lebenselixier der Demokratie, deren Freiheitsprinzip auf der Verschiedenartigkeit der Menschen gründet.
Gerade für Freunde Amerikas ist die erneute Wahl Trumps eine schwere Last. Sie zeigt auch, dass der Demokratie die größten Gefahren von innen drohen. Das Ende der Weimarer Republik bleibt dafür ein Menetekel. Gerade weil Trump mit seiner antidemokratischen Strategie erneut erfolgreich war und damit von Wagenknecht bis zur AfD auch bei uns viele Nachahmer findet, dürfen Demokraten nicht müde werden, für das einzutreten, was Demokratie ausmacht: wechselseitiger Respekt, Anstand, Offenheit für die Argumente Anderer, friedlicher Machtwechsel, klare Abgrenzung von und entschlossene Auseinandersetzung mit den Feinden der Demokratie im inneren und äußeren: Demokratie muss wehrhaft sein. Trumps erneute Wahl macht auf erschreckende Weise deutlich, wie aktuell diese Herausforderung ist.
Die Presse zum Buch:
"unbedingt lesenswert" + "verfasst von einem Mann mit genauem Blick in die Kulissen der Macht" + "ausgewogen" + "anschaulich" + "persönlich, direkt, ganz nah dran" + "schildert Kohls Charakter-züge" + "spannende Hinter-gründe" + "keine undifferen-zierte Schwärmerei"
Ausführliche Pressestimmen zum Buch finden Sie hier
die Grünen und die von ihnen geführte Verwaltung, um die Einspurigkeit auf der Adenauerallee durchzusetzen. So wurde gegenüber Rat und Öffentlichkeit fälschlicherweise behauptet, es gebe rechtliche Vorschriften, die die Einspurigkeit der Adenauerallee erzwingen würden. Tatsächliche gibt es diesen rechtlichen Zwang nicht, sondern es geht um eine politische Entscheidung.