Der Rat setzt sich mit seinem Beschluss über das Votum des Oberbürgermeisters hinweg. Eine akustische Verbesserung der Mehrzweckhalle ist selbst für diesen hohen Betrag nicht vorgesehen. Mit diesem Beschluss entsteht ein unkalkulierbares Millionengab.
Dass der Rat dafür auch noch Spenden aus der Bürgerschaft erwartet, kann kann man eigentlich nur als Zumutung betrachten.
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Stephan Eisel
Die Beethovenhallen-Falle
Für die Sitzung des Bonner Stadtrates am 10. Dezember 2015 hat die Stadtverwaltung jetzt eine bemerkenswerte Vorlage zur Sanierung der Beethovenhalle vorgelegt. Positiv daran ist, dass der neue – erst am 22. Oktober vereidigte - Oberbürgermeister Ashok Sridharan sich durchgesetzt hat und die Vorlage die bisher von der Verwaltung verfolgten aufwendigen Sanierungsvarianten nicht mehr empfiehlt. Zugleich mutet die Verwaltung dem Rat aber einen Beschluss ohne gesicherte Entscheidungsgrundlage zu.
1) Die Vorgeschichte
Bis Ende 2009 war klar, dass die Beethovenhalle zugunsten eines neuen Beethoven-Festspielhauses abgerissen werden sollte. Darauf basiert die erste Architektenwettbewerb mit den Festspielhaus-Entwürfen von Zaha Hadid und Valentiny. So findet es sich auch in den Programmen von CDU, SPD und FDP zur Kommunalwahl 2009. Doch dann wurde mit Jürgen Nimptsch (SPD) ein neuer Oberbürgermeister gewählt, der das Projekt Festspielhaus im April 2010 im Alleingang aus Eis legte. Zugleich machten machten die Grünen den Erhalt der Beethovenhalle zur Bedingung für die neue schwarzgrüne Ratskoalition. In der Folge beschloss der Rat 2011 den Erhalt der Beethovenhalle ohne jegliche Information über die finanziellen Folgen.
2) Kostensteigerung in der Planungsphase
Erst im September 2012 legte Verwaltung zur Sanierung der Beethovenhalle die Ergebnisse einer ersten „Kostenermittlung“ vor. Im April 2015 folgte eine „Kostenschätzung“ und im November 2015 „Schätzkosten“. Die Kostensteigerung schon in diesen Verwaltungsvorlagen ist atemberaubend:
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Herstellung der Betriebssicherheit |
Moderne Multifunktionshalle |
Hochwertiger Konzertsaal |
Verwaltungsvorlage 17.9.2012 „Kostenermittlung“ Drs. 1212095ST7 |
nicht geprüft |
29,8 Mio Euro |
42,8 Mio Euro |
Verwaltungsvorlage 15.4.2015 „Kostenschätzung“ Drs. 1511323 |
31,0 Mio Euro +/- 30 Prozent |
56 Mio Euro Euro +/- 30 Prozent |
69 Mio Euro +/- 30 Prozent |
Verwaltungsvorlage 24.11.2015 „Schätzkosten“ Drs. 1513665 |
39,1 Mio Euro +/- 25 Prozent |
59,8 Mio Euro +/- 25 Prozent |
Vom Rat im Mai 2015 ausgeschlossen |
Unter Einbezug des jetzt schon angegebenen Kostensteigerungsrisikos prognostiziert die Verwaltung also ca. 50 Mio Euro für die „Sanierung zur Aufrechterhaltung des Betriebs“ und ca. 75 Mio Euro für die „Modernisierung zu einer modernen Multifunktionshalle“.
Dabei handelt es sich bei diesen Angaben der Verwaltung noch um reine Planzahlen. Nach allen Erfahrungen bei öffentlichen Bauten führt die Realisierung – insbesondere bei Sanierungen im Bestand – zu weiteren Kostensteigerungen. Ausdrücklich heisst es dazu in der Verwaltungsvorlage: "Im Rahmen der finanziellen Rahmenbedingungen der Stadt Bonn können jegliche Baukosten für diese Maßnahme nur über eine Kreditaufnahme und damit eine Neuverschuldung oder Zuschüsse im Bereich der Stadt Bonn finanziert werden.“
3) Fehlende Entscheidungsgrundlage und Blankoscheck
Noch im Mai 2015 forderte der Rat für eine endgültige Entscheidung ausdrücklich, dass „alle für die weitere Planung erforderlichen Module einzeln preislich bewertet werden“. Jetzt teilt die Verwaltung dazu mit: „Bei der aktuell vorliegenden Datengrundlage wären jegliche Versuche einer Wirtschaftlichkeitsberechnung für einzelne Module letztlich eine Gleichung mit vielen Unbekannten und würden in keiner Weise soliden und verbindlichen Anforderungen genügen.“ Ganz offen wird in der Beschlussvorlage zugegeben, dass eine „vertiefte Entwurfsplanung ... aufgrund der Komplexität noch nicht abgeschlossen werden„ konnte.
Dennoch wird eine Ratsentscheidung vorgeschlagen: „Um die Zeitplanung und das gesetzte Zeitziel nicht zu gefährden, ist es erforderlich, schon vor Abschluss der Entwurfsplanung und Prüfung der Kostenberechnung (und somit Eingrenzung der Schwankungsbreite auf +/- 25 %) eine Entscheidung über die konkrete Realisierungsvariante zu treffen.“ Gefordert wird nichts weniger als ein Blankoscheck.
4) Fehlender Businessplan und unkalkulierbare Folgekosten
Im Mai 2015 hat der Stadtrat ausdrücklich beschlossen: „Bis zur Vorlage der Entwurfsplanung ist auch für die Beethovenhalle ein Businessplan, nach Möglichkeit auf Basis des seit mehreren Jahren beschlossenen Auftrages eines Hallenkonzeptes, vorzulegen.“ Dazu teilt die Verwaltung jetzt lapidar mit: "Dieser Businessplan konnte weder seitens der Stadt noch der Betreibergesellschaft Bonn Conference Center Management GmbH erstellt werden, da eine valide Aussage über mögliche Veranstaltungsformate sich erst bei konkretisierender Bauplanung erstellen lässt.“
Es gibt also keinerlei zuverlässige Aussagen über die Betriebskosten einer wie auch immer sanierten Beethovenhalle, zumal die Verwaltung ausdrücklich hinzufügt: „Diese Ausführungen zeigen auf, dass zwar darstellbar ist, welche Auswirkungen sich aus den einzelnen Modulen ergeben können, letztlich sind dies aber keine sicher vorhersehbaren und dadurch auch keine hart betriebswirtschaftlich kalkulierbaren Parameter, da etwa die Veränderung des Rufes der Beethovenhalle nicht planbar ist und auch die Nachfrage für Veranstaltungsformate, die bislang nicht möglich waren, von der Bereitschaft der Veranstalter, in die Beethovenhalle zu wechseln und letztlich auch von der konkreten Preisgestaltung am Markt abhängig sind.“
Wie es um die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Beethovenhalle als Mehrzweckhalle bestellt ist, legt übrigens die Verwaltungsvorlage selbst (unabsichtlich?) offen. Sogar eine aufwendige Hallenmodernisierung würde nach Auskunft des Betreibers nur „zu einer Umsatzsteigerung von ca. 300.000 € pro Jahr führen. Der Gewinn läge freilich deutlich unter diesem Betrag.“ - und das prognostizierten bei jährlichen Mehraufwendungen von ca. 1 Mio Euro ! Ein dauerhaftes Defizit ist bei der Beethovenhalle also eingebaut...
5) Die 2020-Drohung
Um trotz fehlender Entscheidungsgrundlagen einen Ratsbeschluss zu erreichen, behauptet die Verwaltung, der Beethovenhalle komme „eine besondere Rolle bei der Frage zu, wie sich Bonn als Geburtsort Beethovens und als Ort der Beethovenpflege national und international etablieren kann.“ Diese Überhöhung verschlägt einem glatt die Sprache: Da es sich um eine Mehrzweckhalle und nicht um einen angemessenen Konzertsaal handelt, kann die Beethovenhalle nämlich bei der Profilierung Bonns als Beethovenstadt und auch für das Jubiläumsjahr 2020 keine wichtige Rolle spielen.
Für Sinfoniekonzerte wird es zum 250. Beethoven-Geburtstag in der Geburtsstadt des Komponisten nur Provisorien geben: eine Mehrzweckhalle und einen Tagungsraum (WCCB). Niemand wird wegen der Konzerte in solchen Provisorien auch nur aus Köln nach Bonn können. Die national oder international ausstrahlenden Konzerte des Beethovenjahres 2020 werden nicht in Bonn stattfinden. Das Thema Konzertsaal ist bis 2020 leider nicht so zu lösen, dass Bonn hier wettbewerbsfähig wird. Dies ist die Realität nach dem Ende des Festspielhauses und es hilft nichts, davor die Augen zu verschließen.
Alle Beteiligten sind gut beraten, das Beethovenjubiläum 2020 nicht an der Beethovenhalle und dem Konzertprogramm festzumachen. Viel wichtiger ist es das hervorzuheben und zu pflegen, was es zu Beethoven nur in Bonn gibt. Es geht um ein Programm, das Bonn unverwechselbar macht, und mit den authentischen Orten nachhaltige Strukturen für die Profilierung als Beethovenstadt zu schaffen – sei es mit wahrnehmbaren Beethoven-Rundgang, kontinuierlicher Nachwuchsförderung beispielsweise durch einen Beethoven-Campus oder die Verbesserung der Möglichkeiten des Beethovenhauses. Dafür ist das Geld viel besser angelegt als in der alten Mehrzweckhalle.
Niemand sollte sich durch den Verweis auf einen angeblichen Zeitdruck im Blick Beethoven 2020 dazu erpressen lassen, Beschlüsse zur beethovenhalle zu fassen, denen die Entscheidungsgrundlage fehlt.
Fazit: Wer vermeiden will, dass die Beethovenhalle zum unkalkulierbaren Millionengrab wird, kann auf der Grundlage der bisher vorliegenden Informationen keine Entscheidung treffen. Hinzu kommt, dass alle Erfahrung zeigt, dass Zeitpläne für städtischen Bauvorhaben noch nie eingehalten wurden und auf der Hand liegt: Je umfangreicher die Baumaßnahmen umso größer die zeitlichen Risiken. Die Beethovenhalle als Baustelle wäre sicherlich 2020 die größte Blamage für Bonn. Notfalls muss statt einer grundlegenden Sanierung eine finanziell und zeitlich kalkulierbare Renovierung als „Verschönerung“ genügen, um die grundlegende Frage der Überlebensfähigkeit der Beethovenhalle im Blick auf die Zeit nach 2020 ohne Zeitdruck entscheiden zu können.
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die Grünen und die von ihnen geführte Verwaltung, um die Einspurigkeit auf der Adenauerallee durchzusetzen. So wurde gegenüber Rat und Öffentlichkeit fälschlicherweise behauptet, es gebe rechtliche Vorschriften, die die Einspurigkeit der Adenauerallee erzwingen würden. Tatsächliche gibt es diesen rechtlichen Zwang nicht, sondern es geht um eine politische Entscheidung.